Ein etwas anderer Besuch in Bundesbern

Text von Regula Zoller

Wozu dient der Blocherknopf an den Pulten im Nationalrat? Wieso kennt der Ständerat einen Dresscode, der Nationalrat aber nicht? Und was hat die Wandelhalle mit dem Strand von Rimini gemeinsam?

Der erste Bundesrat 1848

Der Bundesrat im Jahr 2048??

Am 21. Januar besuchte die Klasse 3Fa im Rahmen der Sonderwoche die Bundesstadt Bern. Am Vormittag fühlten wir – bei eisigen Temperaturen – den politischen Puls von Bern: Warum wurde Bern zur Bundeshauptstadt? Was geschieht in der Nacht der langen Messer? Was macht ein Lobbyist? Warum sitzen die akkreditierten Bundeshausjournalisten direkt vis-à-vis vom Westflügel des Bundeshauses? Warum hat das Bundeshaus «nur» die Hausnummer 3 am Bundesplatz? Und wem «gehört» die Nummer 1 bzw. 2? Diese und viele weitere Fragen wurden bei diesem abwechslungsreichen und amüsanten Rundgang angesprochen und geklärt.

Am Nachmittag wurden wir von Frau NR Mattea Meyer im Bundeshaus empfangen. Während eineinhalb Stunden führte sie uns durch das Bundeshaus. Offen und anschaulich erzählte sie von ihrer Arbeit als Nationalrätin, erklärte, warum sie – nach anfänglichen Bedenken – nun sehr gerne in der Finanzkommission mitarbeite, seit wann sie mit dem Bundespräsidenten per Du sei und wie sie neben ihrem Nationalratsmandat weitere ehrenamtliche Aufgaben wahrnehme. Im grössten Fraktionssitzungszimmer – direkt unter der Bundeshauskuppel – beendeten wir diesen spannenden und ungewöhnlichen Rundgang mit einer lebhaften Fragerunde.

Lukas Hartmann liest an der KSR

Der Schweizer Autor Lukas Hartmann hat nur eine Stunde, um sich und sein Buch Ein Bild von Lydia jenen im Raum näher zu bringen, die es noch nicht im Rahmen des Unterrichts oder selbstständig gelesen haben.

Bericht von Alessa Sprinz, 2Fa

Er nutzt die Zeit, die er durch „Literatur am Mittag“ von der offenen Kanti erhält, voll aus. Der 74-Jährige erzählt uns zuerst von Lydia, der Hauptperson in seinem Buch, das wochenlang auf Platz 1 der Schweizer Bestsellerliste war. Lydia Welti-Escher war eine der reichsten Frauen der Schweiz des 19. Jahrhunderts. Sie war nach aussen hin eher gefühlsarm, hatte aber – nach Hartmanns Analyse – ein sehr interessantes Innenleben und war zwar keine attraktive, dafür eine sehr kluge Frau. Das Buch handelt von Lydia und ihrem gescheiterten Versuch, aus ihrem Leben auszubrechen, das für sie wie ein Gefängnis war. Sie brennt mit dem Maler Stauffer, der sie porträtieren soll, wie es noch keiner zuvor getan hat, durch und lässt sich sogar von ihrem Ehemann, dem Bundesratssohn Emil Welti, scheiden. Diese Affäre wurde zum grössten Schweizer Skandal des 19. Jahrhunderts.

Warum dieser Stoff in der heutigen Zeit relevant ist, erfragen die Moderatoren Raoul Klein und Lena Good (3Mez) nach der Lesung dreier Textstellen aus dem Buch. Es sei die Zeit des Aufbruchs in die moderne Schweiz gewesen, in der Lydias Vater, der Eisenbahnpionier, sich für die Nord-Süd-Verbindung eingesetzt habe. Da diese Strecke noch immer Teil unseres Landes ist, wird sie somit auch zu einer der vielen Verbindungsoptionen der heutigen Zeit.

Hartmanns Wahl der Perspektive in Ein Bild von Lydia ist die Sicht eines Dienstmädchens, wofür er harte Kritik erfuhr. Er begründet seinen Entscheid damit, dass das Mädchen durch den Klassenunterschied jener Zeit nicht alles mitbekam, was vor sich ging, sich aber emanzipierte und eine Art Freundschaft mit Frau Lydia aufbaute.

Nachdem die Publikumsfragen verklungen sind, verabschieden wir Lukas Hartmann nach dieser sehr informativen Stunde mit lautem Applaus.