Der preisgekrönte Autor Marco Balzano begeisterte die SchülerInnen mit seinem neuesten Buch Resto qui und seinem persönlichen Charme.
Bericht von Enza Gervasi und Eleonora Rothenberger (KSBG-PHTG)
Nach monatelanger Vorbereitung war es am Donnerstag, den 28.Februar 2019 endlich soweit: Etwa 40 Italienisch lernende SchülerInnen der Kantonsschulen Romanshorn, Kreuzlingen und der Kantonsschule am Burggraben St. Gallen sowie interessierte Personen – auf Einladung auch der Verein Dante Alighieri St. Gallen und Thurgau sowie die Pädagogische Hochschule Thurgau – kamen in den Genuss, Marco Balzano persönlich zu erleben. Die anwesenden SchülerInnen, die das Buch im Unterricht gelesen hatten, stellten denn auch zahlreiche Fragen dazu. Der Schriftsteller beantwortete die lange Liste geduldig, was die Aufmerksamkeit des Publikums fesselte. So profilierte sich Balzano nicht nur als guter Romanschreiber, sondern auch als geschickter Redner.
13 Literaturpreise durfte er für seine vier bisher publizierten Romane entgegennehmen und erlangte 2018 mit Resto qui den zweiten Platz beim prestigeträchtigen italienischen Literaturpreis Premio Strega. Resto qui hat insofern hohe Wellen geschlagen, als es eine bewegende Thematik aufgreift, nämlich das literarisch verarbeitete Schicksal von Resia (Reschen) und Curon Venosta (Graun im Vinschgau) und ihren Einwohnern. Beide Dörfer mussten erst zwei Diktaturen er- und überleben, um dann unter der ‘neuen Demokratie’ in Italien und der Gewalt der Lobby der Firma Montecatini, die das Dorf in Namen des Fortschritts zerstörte und ohne Rücksichtnahme auf die Bewohner eine Staumauer und einen Stausee baute, zu leiden.
Marco Balzano hat als Erzählerin eine weibliche, starke Figur namens Trina gewählt. Sie ist gebildet, kann lesen und schreiben, ist deutscher Muttersprache, beherrscht aber auch Italienisch. Als das Mussolini-Regime 1922 im Südtirol die deutsche Sprache verbot, unterrichtete sie an den illegalen Katakombenschulen Deutsch. Balzano hat sich für diese Figur von einer 84 Jahre alten Frau inspirieren lassen, die er auf einem Foto der damaligen Zeit als letzte ‘resistente’ Frau erkannt haben will. Darauf ist zu sehen, wie sie auf einem Tisch inmitten einer überfluteten Küche steht und sich weigert, ihr Haus zu verlassen, als die Polizei versucht, sie aus dem selbigen zu vertreiben.
Das Interesse vieler SchülerInnen weckte aber auch der Antagonist von Trina: der tüchtige, aber ruhige Sohn Michael. Dieser entschied sich für das Dritte Reich, kämpfte gegen Vater und Mutter und blieb innerlich, auch nach Kriegsende, Heimkehr und Versöhnung mit den Eltern, ein Sympathisant der Nationalsozialisten.
Der Kirchturm aus dem 14. Jahrhundert, der heute noch aus dem künstlichen Stausee Lago di Resia (Reschensee) ragt, soll uns – so Balzano – als Mahnmal an die Ohnmacht erinnern, mit der die BewohnerInnen der Val Venosta (Vinschgau) die Geschichte über sich ergehen lassen mussten.