„Nur die Katzen bleiben über, wenn es Abend wird. Sie haben sich eine der leerstehenden Wohnungen ausgesucht. Sie legen sich in die Küchenregale, rollen sich eng ein, erbrechen Gras und Haare unter dem Sofa. Sie zerren tote Maulwürfe durch den offenen Türspalt. Manchmal rasen Mäuse über den Boden, immer wieder hin und her zwischen den Wohnzimmerwänden und die Katzen schauen lauernd zu.“
Bericht von Manuel Conrad
Viel Glanz, so die treffende Beobachtung der Moderierenden, lassen die Worte, mit denen die 26-jährige Jungautorin Marie Gamillscheg den Schauplatz ihres ersten Romans Alles was glänzt umreisst, nicht unbedingt erahnen: Eine Stadt, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint, in der man noch immer stolz auf die Plakette klopft, in welcher einem in grauer (oder vielmehr: in glänzender?) Vorzeit einst das Stadtrecht verliehen worden war und in der die pünktliche Abfahrt der Busverbindung (7.18 morgens und 17.18 abends) der Höhepunkt des Tages zu sein scheint. Eine Stadt, in welcher nichts zu geschehen scheint und deren gesellschaftliche Struktur mindestens so komplex wie die Tunnelsysteme im nahen Bergwerk zu sein scheint.
Esther Gasser, Serafin Schroff, Marie Gamillscheg
Gamillscheg, die es vor Jahren aus dem österreichischen Graz selbst in die Grossstadt Berlin gezogen hat, scheint sich auszukennen mit den Sorgen und Nöten abgelegener Gemeinden, denen die Jungen davonlaufen und die Bewohner wegsterben. Die Frage der Moderierenden, ob sie selbst denn geblieben wäre, verneinte sie. Jeder suche letztlich nach dem, was glänze. Wo auch immer man es auch finde. Und am Ende bleiben eben nur die Katzen.