Ganz so verkehrt, wie es der Titel vorgaukelt, war die Welt an der Kantonsschule Romanshorn an jenem 14. September denn allerdings auch nicht: Während sich Schulleitung, Lehrkräfte und Mitarbeiter der Kanti zur Klausur in die Innerschweiz zurückzogen, lag die organisatorische Verantwortung zwar für einmal ganz in den Händen der Schülerinnen und Schüler, die aber – und zumindest hier blieb alles beim Alten – wiederum Schülerinnen und Schüler unterrichteten. Klingt kompliziert? Nun, so ganz einfach gestaltete sich so ein ganz normaler Schultag denn auch nicht für alle…
Ein Beitrag von Manuel Conrad; Interviews Ramona Diethelm (3Fb)
Zumindest die Grundidee war simpel: Sämtliche Funktionen wurden an diesem Tag von Schülerinnen und Schülern ausgeübt – vom Hausdienst über Lehrpersonen und Schulleitung bis hin zu den Schülern. Wer also schon lange einmal wissen wollte, wie sich ein Leben als Prorektor oder Mathematiklehrer anfühlt, der hatte an diesem Tag die Möglichkeit, dieser und anderen Fragen auf den Grund zu gehen.
Wie funktionieren diese Kopierer schon wieder? Auch dies eine Frage, die sich im Laufe des Tages hoffentlich klärte…
Um den neuen Lehrpersonen einen gewissen Wissensvorsprung gegenüber ihren Klassen zu verschaffen, sollten die dritten Klassen die Erst- und Zweitklässler unterrichten. Sie waren denn auch die Einzigen, die ihre angestammte Rolle an diesem Tag behalten sollten. Oder durften. Oder mussten. Wie die Junglehrerinnen und Lehrer diesen Tag erlebt haben, schilderten sie einem hauseigenen Journalistenteam, welches die Interviews entsprechend aufbereitet hat:
Hinweis: Das Journalistenteam verfügte über einen selbst angefertigten Fragenkatalog. Das heisst, den Schülerinnen, Schülern, Lehrpersonen etc. haben wir meistens dieselben Fragen gestellt. Die Fragen haben wir aber extra so ausgelegt, dass ganz verschiedene und individuelle Antworten daraus folgen konnten.
C.Z. (3M) unterrichtete die 1Mcz in Mathematik:
Was gefällt dir an der Mathematik so gut?
Mathematik fällt mir im Allgemeinen nicht schwer und ich löse auch gerne Aufgaben mit Zahlen.
Wie hast du dich auf den Unterricht vorbereitet?
Ich habe mit dem zuständigen Klassenlehrer die Lektion besprochen. Er hat mir Tipps gegeben und gesagt, welchen Schulstoff ich mit den Schülern durchnehmen muss. Anhand von einer Planungstabelle habe ich den Unterricht dann vorbereitet.
Was wolltest du unbedingt besser machen als die „echten“ Kantilehrpersonen?
(Lacht) Ich wollte den Schülern den Stoff besser erklären, damit sie ihn auch wirklich verstehen.
Welche Lehrperson unterrichtet deiner Meinung nach am besten und warum?
Wirtschaft und Recht ist super. Die Lehrperson macht viele Alltagsbeispiele und die kommen einem dann bei den Prüfungsaufgaben wieder in den Sinn.
Was glaubst du, ist die grösste Herausforderung am Lehrersein?
Ich denke, die grösste Herausforderung ist, die Klasse im Griff zu haben. (lacht)
Kannst du dir vorstellen, einmal selbst Lehrerin zu werden?
Vielleicht Sportlehrerin, aber sonst nicht.
Dein persönliches Fazit zum Verkehrte-Welt-Tag:
Ich fand es eine gute Erfahrung mit den Schülern und ich würde es sofort wieder machen. Von einigen Lehrpersonen habe ich aber auch gehört, dass bestimmte Klassen richtig schlimm waren und alles ein wenig durcheinandergebracht haben. Im Grossen und Ganzen lief es aber gut.
J.S (3M) unterrichtete die 2Mc in BG:
Was gefällt dir an BG so gut?
Kunst ist meine Leidenschaft. Ich mache es einfach gerne und möchte dies später einmal studieren. Ich finde es auch sehr spannend, den Schülern etwas beibringen zu können, und ein Stück weit ist es auch eine Art Selbsttest, ob man überhaupt zum Erklären und Lehren taugt.
Wie hast du dich auf den Unterricht vorbereitet?
Zuerst habe ich nach Ideen gesucht und schliesslich eine gefunden, die ich selbst als Schülerin gerne umgesetzt hätte. Ich wollte, dass die Schüler Spass an meinem Unterricht haben und den Auftrag toll finden. Zudem sollten sie etwas lernen, dass sie später im Unterricht wieder anwenden können. Für die Vorbereitung des Naturstudiums habe ich etwa eineinhalb Stunden gebraucht, bis ich alles aufgestellt hatte und das Licht so platziert war, dass es ein interessantes Stillleben hergibt.
Was wolltest du unbedingt besser machen als die „echten“ Kantilehrpersonen?
Ich wollte die Beziehung zwischen Lehrer und Schüler ein wenig auflockern, also dass mich die Schüler duzen können und ein kollegialer Umgang untereinander stattfindet. Ich wollte auch, dass die Schüler keinen Stress oder gar Angst vor mir haben. Mit meiner Hilfe und Unterstützung sollte es ihnen selbst möglich sein, Erkenntnisse im Zeichnen zu sammeln und zu erfahren.
Welche Lehrperson unterrichtet deiner Meinung nach am besten und warum?
(Überlegt lange) Ich weiss es nicht. Ich habe fast alle meine Lehrer und Lehrerinnen sehr gerne.
Was glaubst du, ist die grösste Herausforderung am Lehrersein?
Wenn man Schüler in der Klasse hat, die einen nicht ernst nehmen, nicht aufpassen und nicht mitarbeiten. Als Lehrer muss man dann versuchen ruhig zu bleiben. Am schlimmsten ist aber schon, wenn die Schüler nicht mitarbeiten wollen, denn das nervt nicht nur, sondern es macht einen auch traurig, weil man sich so viel Mühe für die Vorbereitung gegeben hat und man eigentlich hoffte, dass es den Schülern gefallen wird.
Kannst du dir vorstellen, einmal selbst Lehrerin zu werden?
Puh, das ist schwierig, zu sagen. Ich hatte bisher nur eine Lektion und ich wüsste nicht, wie es nach dem Unterrichten mehrerer Lektionen aussehen würde. Wenn die Schüler aber gut mitarbeiten, selbst wenn BG nicht ihre Stärke ist, dann könnte ich es mir schon vorstellen.
Dein persönliches Fazit zum Verkehrte-Welt-Tag:
Ich finde den Tag sehr cool, einfach um einmal zu erfahren, was Lehrer alles machen müssen und wie ihr Leben so aussieht. Durch das eigene Unterrichten kann ich die Lehrer und ihr Verhalten jetzt viel besser verstehen und nachvollziehen. Allgemein betrachtet, finde ich solche Sondertage von Seiten der Schule immer sehr spannend und auch der Verkehrte-Welt-Tag war meiner Meinung nach eine gute Idee.
Bildnerisches Gestalten: Lektion zum Thema Stillleben
G.G. (3M) arbeitete in der Mediothek:
Warum wolltest du unbedingt in die Mediothek arbeiten gehen?
Ich dachte, es würde lustig sein (lacht) und es ist halt eine neue Erfahrung, die man dabei macht. Ausserdem wollte ich nicht unterrichten, sondern die Schüler bei Medienfragen beraten.
Interessierst du dich auch in deiner Freizeit für Bücher, Filme, Zeitschriften etc.? Und wenn „ja“, für welche Themenbereiche?
Ja, ich schaue mir viele Serien und Filme an und wenn ich Lust habe, dann lese ich auch etwas. Auf den Themenbereich kommt es mir dabei nicht an; Hauptsache es ist spannend.
In einer digitalisierten Welt: Würdest du am liebsten nur noch alles auf Tablet, Laptop und Handy haben oder vermisst du ab und zu auch das gute alte Papier der Bücher?
Ja, ich vermisse das Papier auf jeden Fall, denn die Lehrer haben jetzt alles auf OneNote und das finde ich überhaupt nicht toll. Sie sagen den Schülern dann nur noch: „Da ist es“, und mehr kommt von ihrer Seite nicht.
Ist es nicht ein bisschen langweilig in der Mediothek?
Wenn es keine Arbeit gibt, dann ja; aber sonst nicht.
N.M. (3M) unterrichtete die 2Ma in Geografie:
Was gefällt die an Geografie so gut?
Das ist eine gute Frage. Ich habe eigentlich nicht wirklich ein Lieblingsfach und mir deshalb dann überlegt, welche Fächer zum Unterrichten spannend wären. Beim Eintragen für den Verkehrte-Welt-Tag habe ich einfach Biologie, Chemie, Biologie/Chemie und Geografie angegeben und es war dann im Grunde genommen Zufall, dass ich dann wirklich Geografie zugeteilt bekam. Da ich später einmal Lehrerin werden möchte und gerne anderen etwas erkläre, habe ich mir gedacht, dass Geografie sicher ein gutes Fach dafür ist.
Wie hast du dich auf den Unterricht vorbereitet?
Das war eigentlich eine ganz normale Lehrervorbereitung. Ich hatte das Glück, dass die Lehrperson mir die Blätter und die Power-Point schon gegeben hatte, so musste ich einfach noch den Vortrag lernen und den Stoff aufarbeiten, damit ich kompetent „rüberkomme“ und den Schülern auch alles erklären kann. Ich denke, es war noch nicht so, wie es dann ein wirklicher Lehrer machen müsste, aber es ging schon in diese Richtung.
Was wolltest du unbedingt besser machen als die „echten“ Kantilehrpersonen?
Ich wollte den Unterricht lockerer gestalten, also dass mir die Schüler „du“ sagen können und sich mit ihrem Banknachbar auch austauschen dürfen. Ich finde den Frontalunterricht grundsätzlich schon gut, aber die Schüler sitzen dabei halt einfach 45 Minuten nur da und schlafen fast ein; das ist nicht so ideal.
Welche Lehrperson unterrichtet deiner Meinung nach am besten und warum?
Meine Französischlehrperson gestaltet die Lektionen sehr abwechslungsreich und lässt die Schüler manchmal auch Umfragen mit dem Handy machen. Sie legt auch viel Wert auf spielerische Einheiten. Ihr grosses Pech ist einfach, dass sie Französisch als Fach hat (zu mindestens in unserer Klasse) und dass die Schüler dann halt schon im Vorfeld eine Abneigung gegen die französische Grammatik haben. Aber man kann Französisch nicht anders unterrichten, als sie es bereits tut, also mit viel Abwechslung, Einzelarbeit und Selbstbestimmung. Meine Geografielehrperson macht es aber auch gut. Bei ihr habe ich einfach das Gefühl, dass die Schüler zuhören und bei anderen Lehrpersonen ist es eher so, dass sie die Klasse nicht immer ganz im Griff haben.
Was glaubst du, ist die grösste Herausforderung am Lehrersein?
Ich denke, am schwierigsten ist, dass die Schüler den Respekt vor einem behalten. Wenn man einmal unten durch ist und die Schüler merken, dass sie mit der Lehrperson machen können, was sie wollen, dann hat man verloren als Lehrer.
Dein persönliches Fazit zum Verkehrte-Welt-Tag:
Ich bin überrascht davon, wie gut meine Klasse zugehört und mitgemacht hat. Zuerst dachte ich nämlich, das wird ein Riesen-Chaos. Ich weiss nicht, ob es an mir oder an meiner Klasse lag, dass sie überhaupt so gut mitgearbeitet haben; aber ich fand den Verkehrte-Welt-Tag eine coole Sache, vor allem für die, welche später wirklich einmal Lehrer werden möchten, und es ist sicher auch lustig für die Schüler, wenn da einfach einmal kein Lehrer vorne steht, sondern ein Drittklässler.
A.S. (3M) unterrichtete die 2Mc in Geografie:
Was gefällt die an Geografie so gut?
Mir gefällt Geografie, weil man dabei etwas über die Welt, Bevölkerung, Kultur, Naturkatastrophen und auch die Plattentektonik lernt.
Was wolltest du unbedingt besser machen als die „echten“ Kantilehrpersonen?
Dass die Schüler, welche zu spät kommen, nicht vom Unterricht ausgeschlossen werden. (lacht)
Welche Lehrperson unterrichtet deiner Meinung nach am besten und warum?
Ich kann das nicht genau beurteilen, weil jede Lehrperson unterrichtet auf ihre Weise gut. Die Geografielektionen finde ich aber sehr spannend. Man versteht alles und die Lehrperson ist auch streng. Allgemein kann man aber davon ausgehen, dass man immer die Lehrpersonen automatisch mag, die auch das Lieblingsfach von einem unterrichten. Unsere Französischlehrperson ist meiner Meinung nach auch eine sehr gute Lehrperson, denn sie gibt sich sehr viel Mühe für die Vorbereitung der Lektionen und wählt jeweils ganz verschiedene Themen. Zudem arbeitet sie nicht nur mit den Lehrbüchern, sondern behandelt auch anderen Stoff aus externen Quellen mit uns Schülern.
Was glaubst du, ist die grösste Herausforderung am Lehrersein?
Dass man streng ist, die Schüler einem aber trotzdem mögen und dass man alles weiss.
Kannst du dir vorstellen, einmal selbst Lehrerin zu werden?
Nein, niemals. Ich habe durch diese Unterrichtslektion gemerkt, dass mich dieser Beruf gar nicht interessiert und ich auch nicht zu den Menschen gehöre, die das können. Man muss die Klasse gut im Griff haben, muss auf Zeitmanagement achten und die Lektionen ausreichend vorbereiten und das alles ist einfach nichts für mich. Vor allem aber muss man mit der Klasse gut auskommen und dabei auch noch möglichst jeden aus der Klasse versuchen gleich zu behandeln. Das ist schwer, wie ich finde.
Dein persönliches Fazit zum Verkehrte-Welt-Tag:
Dass ich niemals Lehrerin werde. (lacht) Man merkt halt, dass die Schüler heute viel lauter waren als sonst und auch nicht so viel Respekt an den Tag gelegt haben, selbst ausserhalb der Schulzimmer nicht.
Meine eigenen Erfahrungen bezüglich des Unterrichtens:
Zusammen mit R.K. (3M) unterrichtete ich die 1Mdz in Deutsch und bevor ich jetzt unsere Lektion auseinander nehme, möchte ich ein dickes Lob an die Klasse aussprechen. Ihr habt wirklich sehr gut mitgearbeitet, wart konzentriert bei der Sache und wir konnten viel zusammen lachen, das fanden sowohl R. als auch ich mega toll und respektvoll von euch.
Nun aber zu uns Lehrpersonen: Beim Fazit der Lektion sind wir uns beide einig gewesen. Wir hatten uns mächtig in der Zeit verschätzt, wie die Schüler vielleicht selbst bemerkt haben. Die Zeit korrekt einzuteilen, ist eine echte Herausforderung für jede Lehrperson. So waren wir bereits nach 20 Minuten mit unserer vorbereiteten Power-Point-Präsentation zu den Nomen fertig und mussten improvisieren. Glücklicherweise hatte R. ihr altes Deutschbuch dabei und wir konnten daraus Übungen mit der Klasse lösen. Es ist auch sehr schwer, dass man sich als Lehrer keine Unsicherheiten anmerken lässt. Natürlich konnten wir die Nomen und grundsätzlich war der Stoff auch nicht wirklich schwer, aber manchmal kamen in unseren Übungen dann Grenzfälle vor, die sehr schwer zu erklären waren oder bei denen wir manchmal sogar selbst länger überlegen mussten, was jetzt genau Sache ist. Wir beide sind der Meinung, dass gutes und vor allem verständliches Erklären eine echte Kunst ist, die vor allem mir nicht gegeben ist. Eine weitere Herausforderung unserer Meinung nach ist, dass man die Schüler zum Mitmachen auffordern will, sie aber gleichzeitig zu nichts zwingen oder sie gar blossstellen möchte. Beim Thema Aufhalten im Unterricht haben wir all das angewandt, was uns schon selbst widerfahren war: Also der Reihe nach, jede Personen einfach einmal aufrufen oder nur die drannehmen, die auch wirklich aufhalten. Letztendlich war es eine ziemlich komplizierte Sache, denn manchen sah man es direkt ins Gesicht geschrieben, dass sie das Drankommen fürchteten und lieber in Ruhe gelassen werden wollten. Auch eine ziemlich beklemmende Situation ist natürlich, wenn gar niemand aus der Schülerschaft antworten möchte, spätestens dann merkt man als Lehrperson, dass irgendetwas nicht verstanden wurde oder die Schüler den Unterricht einfach nur zum Einschlafen öde finden. Aber allzu oft war dies in unserer Lektion zum Glück nicht der Fall.
R. wie auch ich möchten beide niemals Lehrerinnen werden. R. nicht, weil sie es schwierig findet eine ganze Klasse im Griff zu haben, man den einzelnen Schülern nicht ansehen kann, ob sie wirklich alles verstanden haben, und weil es mit den ganzen Vorbereitungen einfach ein sehr anstrengender Job ist. Ich möchte nicht Lehrerin werden, weil ich meiner Meinung nach nicht gut erklären kann und auch nicht immer optimal auf die Schülerantworten reagiere. Ich kann zum Beispiel nicht gleichzeitig zuhören, mitdenken und Lösungen einblenden bzw. nachschauen. Das verwirrt mich zu sehr.
Das Mediotheks-Team wertet den Verkehrte-Welt-Tag als Erfolg
Weitere Impressionen des Journalisten-Teams finden sich hier.
Eine Film-Crew hat den Tag zudem in bewegten Bildern festgehalten. Der fertige Film findet sich hier.